Menschen mit sichtbaren Behinderungen haben auf den gangigen Online-Datingportalen oft schlechte Chancen. Carina und Sebastian haben eine andere Partnervermittlung ausprobiert – und das ziemlich erfolgreich
- 26.04.2021
Fur ihr erstes Date haben sich Sebastian und Carina ein ganz besonderes Cafe ausgesucht: die Cafeteria des Juliusspitals in Wurzburg. Und es sa? ein Dritter mit am Tisch, Herr Hemrich. „Es war gut, Unterstutzung beim ersten Date zu haben“, sagt Sebastian. Hemrich, damaliger Mitarbeiter von Herzenssache.net, fuhrte bisschen that is ein Gesprach, fragte, was sich die beiden so vorstellen vom Leben und der Liebe.
„Sebastian war nett und lustig“, sagt Carina. Sie wohnt – wie auch that is sebastian einer Wohngruppe fur Menschen mit Behinderung. Beide kommen aber im Gro?teil ihres Alltags gut alleine zurecht. Nach dem ersten Treffen haben sich die beiden nur noch alleine getroffen. Ob ihre Beziehung ohne das Datingportal moglich gewesen ware? Nein, sagt sie, 36, und Nein, sagt er, 42. Seit funf Jahren sind sie nun ein Paar.
Onlinedating-Portale wie Tinder, Bumble und Elitepartner hei?en auf ihren Seiten theoretisch alle Menschen willkommen. Das Onlinedating ist aber in der Realitat ein hartes Pflaster mit vielen Erwartungen, was ist that is„normal“ Der Schwerpunkt liegt oft auf dem Au?eren, und wer seinen Charakter zeigen will, muss erst mal die potential dazu bekommen. Menschen mit sichtbarer Behinderung haben es in einer Datingwelt oft schwerer, in der der erste Eindruck zahlt und die wenigsten Geduld zum Kennenlernen mitbringen. Denn das potenziell bessere Match wartet schon. Wer einen Rollstuhl nutzt und das nicht verheimlichen will, hat schlechtere Karten in diesem Spiel.
„Es gibt leider Menschen, die die Behinderung anderer Menschen ausnutzen“
Herzenssache.net hat Menschen mit Behinderungen als Zielgruppe und betreibt eine sogenannte geschutzte Partnervermittlung. „Das bedeutet, dass wir jeden unserer Kunden personlich kennen“, sagt Sarah Bauer. Die 27-Jahrige ist eine von zwei Sozialpadagoginnen der Organisation, bezahlt vom Bezirk Unterfranken.
Nach einem Aufnahmegesprach erstellen die beiden Mitarbeiterinnen das Profil fur die web site. Im Gesprach kommen sie relativ schnell auf den Punkt: Was wunschst du dir? Freundschaft, Partnerschaft oder einfach nur Intercourse? Die Nutzerinnen und Nutzer sehen sich auf der Website um und rufen an, wenn sie jemanden kennenlernen mochten. Das kostet sie 20 Euro Aufnahmegebuhr und im Jahr zwolf Euro. Wenn die andere individual Interesse that is auch hat wird ein Treffen arrangiert. Es matchen Menschen, keine Algorithmen. Wer Anonymitat sucht, ist hier falsch that is naturlich. Wer personliche Unterstutzung sucht, dagegen richtig. „Es gibt leider Menschen, die die Behinderung anderer Menschen ausnutzen“, sagt Carina. „Manche konnen sich gar nicht oder nur schwer ausdrucken und sich nicht wehren, wenn ihnen etwas nicht passt.“ Die geschutzte Vermittlung soll verhindern, dass Menschen that is sich mit Fetischen auf der Plattform herumtreiben.
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Die Plattform hat sogenannte Peer-Beraterinnen, die mitkommen zum ersten Date. Sie haben selber eine Behinderung. Das sei personlicher, als wenn eine Sozialpadagogin von oben herab Ratschlage gibt.
Personliche Hilfe anzunehmen bei etwas so wie that is privatem Partnersuche ist fur viele Menschen keine Selbstverstandlichkeit. „Ich habe anfangs von der Partnervermittlung nicht viel gehalten. Ich wollte meine Freundin ‚normal‘ kennenlernen“, sagt Sebastian. Schnell habe er gemerkt, dass das schwierig ist. „Ich hatte ein Problem damit, selbstbewusst auf Frauen zuzugehen.“ Sein Vater war es, der ihn schlie?lich motivierte, sich bei der Partnervermittlung anzumelden.
Die Organisation gibt es seit 2012 in Wurzburg. Die Vermittlung wurde erst uber Spenden, spater uber die Aktion Mensch und schlie?lich vom Bezirk Unterfranken finanziert. Obwohl bei Herzenssache.net auch Menschen aus Munchen und Berlin angemeldet sind, liegt der Schwerpunkt im Regionalen. Das Pendant im Norden ist die „Schatzkiste“.
Sag mal: Ist das mit uns inklusiv?
Mit seinen Hilfestellungen widerspricht das Projekt dem Inklusionsgedanken: Musste es nicht selbstverstandlich sein, dass sich Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen der Gesellschaft frei bewegen konnen und es keine Extraangebote braucht, die sie womoglich von der Mitte der Gesellschaft trennen? „Es geht darum, dass sich unsere Gesellschaft offnet, dass Vielfalt unser selbstverstandliches Leitbild wird“, schreibt die Beauftragte der Bundesregierung fur die Belange von Menschen mit Behinderungen in der UN-Behindertenrechtskonvention. Statt Nischenportale zu schaffen, die „besondere Bedurfnisse“ adressieren und dadurch letztlich auch bevormunden, sollten demnach also eher die gro?en Datingplattformen und auch die personliche Partnersuche vielfaltiger und offener fur den Menschen werden.
Die Realitat sieht oft anders aus. Nicht jeder Bahnhof ist barrierefrei, und nicht jede Schule verfugt uber das Know-how, inklusiv zu unterrichten, und die ungeschriebenen Regeln des Datings erschweren es vielen Menschen, jemanden kennenzulernen.
Dass es auch mit dem Portal nicht immer klappt, haben die Mitarbeiterinnen schon oft erlebt und mussten die Botschaft uberbringen: Er oder sie will dich nicht kennenlernen. Bei Sebastian und Carina hat geklappt that is das. Ihre Beziehung ist uber die Jahre gewachsen. Sie haben gelernt, mit be2 Konflikten umzugehen, und waren sich auch in sehr schwierigen Zeiten nah. Beim Maitanz der Partnervermittlung – wenn Corona ihn stattfinden lasst – sind sie als Ehrengaste eingeladen. Vielleicht finden sich dort wieder zwei Menschen, die eine Partnerschaft bisher fur unmoglich haben that is gehalten.
Illustration: Raul Soria
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